
Abendprogramm 27. Juli 2025
Abschlusskonzert mit Akkordeon-Star Martynas LevickisBildnachweise: © Oliver Killig (Omer Meir Wellber) | © Sebastian Madej (Martynas Levickis)
Programm
27. Juli 2025
Beginn: 19 Uhr
Ort: Festsaal Ingolstadt
60 / 50 / 40 / 30 Euro
Abschlusskonzert mit Akkordeonstar Martynas Levickis
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Martynas Levickis Akkordeon
Omer Meir Wellber Dirigent
Georges Bizet (1838–1875)
Ausschnitte aus den Suiten Nr. 1 und Nr. 2 aus der Oper Carmen
(Bearbeitung: Martynas Levickis)
1. Les Toréadors: Allegro giocoso (Suite Nr. 1)
2. Habañera: Allegretto quasi andantino (Suite Nr. 2)
3. Aragonaise: Allegro vivo (Suite Nr. 1)
4. Séguedille (Suite Nr. 1)
5. Chanson du Toréador: Allegro moderato (Suite Nr. 2)
6. Danse bohème: Andantino quasi allegretto (Suite Nr. 2)
Pause
Camille Saint-Saëns (1835–1921)
Introduction et Rondo Capriccioso a-Moll op. 28 für Violine und Orchester
(Bearbeitung: Martynas Levickis)
Andante (malinconico) – Allegro ma non troppo
Georges Bizet
Symphonie C-Dur
1. Allegro vivo
2. Adagio
3. [Scherzo:] Allegro vivace – Trio
4. Allegro vivace
Um 18:30 Uhr findet im Mittelfoyer des Stadttheaters eine Konzerteinführung mit Moderatorin Annekatrin Hentschel (BR-Klassik) statt.
Künstlerinnen/Künstler

© Freepik
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Werktext
In der Hitze Andalusiens
Bizets Oper Carmen
Spanien– das Land der Orangenblüten, des Flamencos und des Stierkampfs. Es ist der Schauplatz von Georges Bizets Oper Carmen, die mit ihrer ungewöhnlich realistischen Dramatik musikhistorisch weit in die Zukunft wies. Ohne dass er jemals spanischen Boden betreten hätte, gelang es dem französischen Komponisten, andalusische Atmosphäre kongenial in Klang zu fassen. Das Stück gilt deshalb heute überall auf der Welt als genuin iberisches Werk, außer natürlich in Spanien. Dabei griff Bizet bei seiner ungemein raffinierten Orchestrierung auf sein übliches Instrumentarium zurück: neben den Streichern doppeltes Holz mit Piccoloflöte, vier Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen, Pauken, Harfe, Schlagzeug und gelegentlich Tamburin und Kastagnetten. In der heute gespielten Bearbeitung von Martynas Levickis kommt auch noch das Akkordeon hinzu.
Schauplatz der Oper ist Sevilla, die Hauptstadt Andalusiens. Die Handlung beginnt auf dem Platz vor dem größten Gebäude der Stadt: der Tabakfabrik, die heute die Universität beherbergt. Vor der malerischen Kulisse nimmt eine amouröse Tragödie ihren Lauf, die nur Verlierer kennt. Micaëla, die bürgerliche Gegenspielerin der titelgebenden Heldin, soll den Sergeant Don José heiraten. Don José verliebt sich allerdings in Carmen, die attraktivste unter den Arbeiterinnen in der Zigarettenfabrik. Die Blume, die sie ihm einst zugeworfen hatte, verwahrt er wie eine Reliquie. Als Carmen in eine Messerstecherei verwickelt und verhaftet wird, ermöglicht er ihr die Flucht – der Anfang von seinem Niedergang. Carmen wiederum verliebt sich in den glamourösen Stierkämpfer Escamillo, der auch ein Auge auf sie geworfen hat. Als Don José erkennen muss, dass ihm seine Angebetete den Torero vorzieht, kommt es auf offener Bühne zur Katastrophe: Der ehemalige Soldat, der unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde, sticht in seiner Besessenheit und Eifersucht die Titelheldin nieder. Der Vorhang fällt.
Die Uraufführung von Carmen am 3. März 1875 in der Pariser Opéra-Comique war ein Flop. Die Rezensenten kritisierten das Libretto als unmoralisch und bemängelten eine angeblich „überladene“ Musik, der es an „Ordnung, Plan und Klarheit“ fehle. Auch das Publikum zeigte sich wenig davon begeistert, dass die Bühne von Dieben, Fabrikarbeiterinnen, Schmugglern und allerlei anderen zwielichtigen Gestalten bevölkert wurde, vom ungebremsten Realismus des gewaltsamen Finales ganz zu schweigen. Nach der 37. Vorstellung verschwand Bizets letzte Oper – er starb am Abend der 33. Aufführung – in der Versenkung und hinterließ ein so großes Defizit, dass Theaterdirektor Camille du Locle seinen Freund Giuseppe Verdi bat, an der Opéra-Comique siebenmal sein Requiem zu dirigieren, um die Kasse aufzubessern. Erst die Premiere am k. k. Hofoperntheater in Wien am 23. Oktober 1875 läutete den weltweiten Siegeszug der Carmen ein, zu dem auch die für unterschiedlichste Besetzungen arrangierten Orchestersuiten beitrugen. Heute zählt die Oper zu den am häufigsten aufgeführten Werken des Musiktheaters.
„À l’espagnole“
Camille Saint-Saëns Introduction et Rondo capriccioso
„Wer früher an manchem Montag meine musikalischen Soireen miterlebt hat“, erinnerte sich Camille Saint-Saëns einmal, „wird den Glanz, den mein berühmter Freund dort verbreitete, nicht vergessen. Viele Jahre hindurch willigte darum kein anderer Geiger ein, bei mir zu spielen. Alle waren schockiert bei dem Gedanken, einen Vergleich zu wagen.“ Beim berühmten Freund ist die Rede ist von dem spanischen Jahrhundertgeiger Pablo de Sarasate. Dieser hatte sich zur Zeit der Belle Époque frühzeitig durch seinen eleganten, scheinbar mühelosen Stil, seine technische Perfektion, sein schnelles Vibrato und seine reine Intonation in die erste Liga der Violinvirtuosen katapultiert. 1859 waren sich der damals 24-jährige Komponist und der neun Jahre jüngere Geiger erstmals begegnet. Sarasate hatte gerade sein Studium bei Joseph Massart am Pariser Conservatoire beendet „und stand eines Tages vor meiner Tür – ganz jung noch, und kaum einen Bartflaum über den Lippen“, sagte Saint-Saëns. „Als sei es die einfachste Sache von der Welt, bat er mich sehr freundlich und liebenswürdig, ein Violinkonzert für ihn zu schreiben. Ich war durchaus geschmeichelt und fand ihn zudem sehr charmant, so dass ich ohne Umstände zusagte.“ Es war der Beginn einer langen Künstlerfreundschaft, die bis zu Sarasates Tod am 20. September 1908 Bestand hatte. Ihretwegen entstanden neben den beiden Violinkonzerten Nr. 1 A-Dur op. 20 (1859) und Nr. 3 h-Moll op. 61 (1880) auch ein Konzertstück, das bis heute zum Kernrepertoire aller großen Geigerinnen und Geiger gehört: Saint-Saëns’ Introduction et Rondo capriccioso von 1863, das ein zeitgenössischer Rezensent 1876 als „eine Art Fantaisie-Valse à l’espagnole“ beschrieben hat. Und tatsächlich ist es die Musik der iberischen Halbinsel, die der Musik ihr unverkennbar exotisches Flair verleiht, da der synkopierte 6/8-Rhythmus des Rondos eindeutig spanisch eingefärbt ist – vage angelehnt an die Asymmetrien einer Seguiriya, die älteste Form des Flamencos, was natürlich dem Widmungsträger Pablo de Sarasate geschuldet ist.
Introduction et Rondo capriccioso wurde zusammen mit dem A-Dur-Konzert am 4. April 1867 in der Salle Pleyel unter Leitung des Komponisten und mit Sarasate als Solist uraufgeführt, wenige Wochen vor der Premiere von Georges Bizets Carmen. Allerdings entwickelte die Musik schnell ein derart erfolgreiches Eigenleben, dass sie Saint-Saëns bald als „trop célèbre“, als allzu berühmt, erschien. Die Prominenz des Werks zeigt sich auch in seinen Bearbeitern: Georges Bizet richtete 1874 die Fassung für Violine und Klavier ein, Claude Debussy 1889 ein Arrangement für zwei Klaviere. Insofern befand sich Martynas Levickis in bester Gesellschaft, als er das hochvirtuose Geigensolo auf das Akkordeon übertrug.
Geniales Jugendwerk
Georges Bizets Symphonie C-Dur
Georges Bizet komponierte seine C-Dur-Symphonie als Teenager – angeregt durch die Symphonie D-Dur seines Lehrers Charles Gounod. Der 17-jährige Student am Pariser Konservatorium, der bereits mit vier Preisen ausgezeichnet worden war, hatte im Sommer 1855 den lukrativen Auftrag erhalten, Gounods Werk für Klavier zu vier Händen zu bearbeiten, wodurch er die zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgeführte Komposition bis in die kleinsten Details kennenlernte. Anschließend schrieb Bizet in der atemberaubenden Geschwindigkeit eines Mozart seine eigene Symphonie, deren Kompositionsbeginn auf den 29. Oktober 1855 datiert ist: ungemein spritzige und leichtgängige Musik, die ebenso an Rossini wie an die frühen Symphonien Franz Schuberts denken lässt – wobei letztere zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt waren.
Wie übersprudelnder Champagner beginnt der erste Satz dieses brillant instrumentierten Jugendwerks, mit einem aus Dreiklangstönen gebauten, betont rhythmischen Gedanken, der sich ein von den Oboen vorgestelltes zweites Thema von vollendeter Lyrik anschließt. Das an zweiter Stelle stehende Adagio überrascht mit melancholisch-exotischen Arabesken, in denen sich der damals in Paris beliebte Orientalismus spiegelt, wobei Bizet Teile dieser Musik später in seiner Oper Les pêcheurs de perles (Die Perlenfischer) wiederverwendet hat. In der Satzmitte zeigt sich mit allerhand kontrapunktischer Verwicklung unverkennbar der Einfluss Gounods, dessen D-Dur-Symphonie an entsprechender Stelle ebenfalls ein Fugato enthält. Auf das teils folkloristisch, teils ballettartig daherkommende Scherzo in ungemein farbiger Orchestrierung folgt ein Finale voller motorischer Geigen-Finessen, das hinsichtlich seiner spieltechnischen Anforderungen zur Champions League der Orchesterliteratur gezählt werden muss.
Bizets betrachtete seine Jugendsymphonie als reine Kompositionsübung und versuchte nie, sie drucken oder aufführen zu lassen, weshalb sie in Vergessenheit geriet. Erst 1933 wurde das Stück zufällig von dem französischen Musikwissenschaftler Jean Chantavoine in einem Stapel von Manuskripten in der Bibliothek des Pariser Konservatoriums wiederentdeckt. Kein Geringerer als der langjährige Leiter der Wiener Philharmoniker, Felix Weingartner, sorgte für eine erste Edition und leitete die posthume Premiere, die am 26. Februar 1936 in Basel für Begeisterung sorgte. Heute ist Bizets C-Dur-Symphonie von den internationalen Konzertplänen nicht mehr wegzudenken.
Allgemeines
Veranstalter
AUDI AG
Kommunikation Kultur
85045 Ingolstadt
Text und Biografien
Harald Hodeige