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Strategie des Designs | Audi Deutschland
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Die Strategie des Designs

Die Strategie des Designs

Wie entwickelt sich Audi Design in die Zukunft? Wie lässt sich das überhaupt definieren? Ein Gespräch mit Claus Potthoff, Leiter der Designstrategie im Audi Design.

Text: Bernd Zerelles - Foto: Dirk Bruniecki Lesezeit: 5 min

Porträt Claus Potthoff.

Claus, was bedeutet Designstrategie eigentlich?
Designstrategie ist ein sehr vielfältiges Thema. Es beginnt mit der Überlegung, wie sich Design in Zukunft entwickelt. Die Ausprägung von Design unter Berücksichtigung zukünftiger gesellschaftlicher Einflüsse, also die Bedeutung von Design im höheren Sinne. Aber dann geht es bei Designstrategie natürlich auch um die Ausgestaltung unserer Produkte, vorauszuplanen, wie sich Fahrzeugkonzept sowie Designsprache entwickeln. Basis dafür ist die Designphilosophie: Was ist unsere große Ausrichtung?
Hier haben wir vor einigen Jahren unseren Weg definiert: Wir gestalten Erlebnisse, Experiences, nicht mehr nur Produkte. Das Produkt als Hardware an sich ist nur noch ein Teil eines Designerlebnisses. Neue Technologien, Kommunikation, Digitalisierung bestimmen immer stärker die Gestaltung, aber vor allem auch die Nutzung der Fahrzeuge. Damit reicht es nicht mehr aus, die Form zu gestalten, sondern man muss auch das Umfeld dazu gestalten, also die Erlebnisse, die ich mit dem Fahrzeug erleben kann.
Ich vergleiche es immer mit dem Smartphone. Das verfügt über ein klassisches, schönes Produktdesign. Aber viel wichtiger ist das, was ich damit machen, damit erleben kann, wie ich damit mein Leben gestalte. Genau so werden sich Erlebnisse in Zukunft viel stärker auf das Fahrzeug auswirken. Dabei ist es wichtig vorauszuplanen, in welche Richtung wir uns strategisch entwickeln wollen. Der Audi activesphere concept¹ zum Beispiel zeigt diesen Experience-Charakter par excellence.

Ein Erlebnis ist ja etwas Abstrakteres, kein sichtbares, greifbares Design.
Auch im klassischen Design gibt es natürlich das Erlebnis. Das ästhetische Erlebnis, ein schönes Auto zu sehen, die Proportionen, die Dynamik. Dann im Innenraum, wie ist die Qualität, wenn ich Dinge anfasse und die Wertigkeit spüre. Das ist natürlich auch etwas, was unserer Kundschaft ein Erlebnis gibt, was sie emotional fesseln kann. Und diese Erlebnisse erweitern sich jetzt stark um die digitalen Themen, die nicht physisch greifbar sind. Anzeigen und Konnektivität im Fahrzeug stellen ganz neue Ansprüche an das Thema User Interface und User Experience. Einerseits nehmen Bildschirme und Projektionsflächen immer mehr Platz im Fahrzeug ein. Aber die Digitalisierung verändert natürlich die Bedienung des Fahrzeugs, den Umgang mit Informationen im Fahrzeug. Daher bezeichnen wir das als Experience-Design oder Erlebnis-Design. Und uns ist sehr wichtig, dass man auch dabei den Premiumanspruch spürt, der Audi auszeichnet.

Das Produkt als Hardware an sich ist nur noch ein Teil eines Designerlebnisses.

Claus Potthoff

Potthoff blättert in einem Buch.
Portrait Claus Potthoff.

Audi hat in den vergangenen Jahren immer wieder Konzeptfahrzeuge vorgestellt. 2017 bis 2019 waren das die AI-Konzepte, aktuell die vier Sphere Konzeptfahrzeuge. Ist das ein Weg, sich der Zukunft zu nähern und zu überprüfen, wie die Reaktionen darauf sind?
Auf jeden Fall. Die vier AI-Fahrzeuge 2017 bis 2019 zeigten auf, wie sich das Thema Automobil verändert, wenn automatisiertes Fahren irgendwann Realität wird und man Fahrzeuge vielleicht nicht mehr besitzt, sondern nur nutzt. Daher konzipierten wir vier Use Cases und schufen jeweils ein Fahrzeug mit neuesten Technologien dazu. Da sind wir sehr weit in die Zukunft gesprungen, vielleicht 30 Jahre. Uns ging es darum, zu erforschen, wie der Umgang mit dem Fahrzeug ist, wenn man so weit vorausschaut.
Bei den vier Sphere Modellen war es uns dagegen wichtig, näher an den Fahrzeugen zu sein, die wir in Zukunft bringen werden. Das heißt, sie sind technologisch früher umzusetzen, sind nicht so radikal, zeigen aber auf, wie sich die Zukunft für uns darstellt.
Wir bewegen uns also mit unseren Konzeptfahrzeugen von der fernen Zukunft zurück in die Gegenwart und lassen diese Zukunftsinspirationen hier einfließen, um einen Fortschritt unserer Konzepte und auch der Designsprache zu vollziehen.

Potthoff an einer Theke mit Büchern.

Werden Fahrzeuge bald futuristischer aussehen? Oder verändert sich Gestaltung evolutionär?
Ich tue mich immer etwas schwer mit dem Begriff futuristisch. Einige Studien von uns waren sehr futuristisch. Und je näher man an den prognostizierten Zeitpunkt kommt, auf den diese Studien projiziert waren, umso mehr entwickelt sich auch die Designsprache in diese Richtung.
Wir bei Audi bevorzugen eine kontinuierliche, aber dynamische Entwicklung im Design. Weil wir die Verbindung halten wollen zwischen dem, was heute ist, und dem, was wir morgen machen. Diese Schritte im Exterieurdesign sind manchmal etwas größer und manchmal etwas kleiner. Aber etwa alle drei bis vier Jahre erkennt man sie an neuen Modellen. Aktuell sind viele unserer Fahrzeuge sehr emotional und auch sehr stark über klare Linien definiert. Wir gehen jetzt den Schritt in eine Formensprache, die wieder etwas weicher und fließender ist. Bei der wir quasi Linien reduzieren und stärker über Volumen und gespannte Flächen arbeiten.
Unsere Welt ist so komplex, man bekommt permanent so viele optische Eindrücke, da sollen Audi Fahrzeuge ein Ruhepol sein. Wir wollen mit unserem Fahrzeugdesign Menschen emotional berühren und für sie bedeutungsvolle Erlebnisse gestalten. Audi RS e-tron GT* und Audi Q4 e-tron sind schon Fahrzeuge, die wieder etwas stärker in diese weiche Richtung gehen. Das wird sich in den nächsten Jahren entsprechend fortsetzen.

Wir wollen mit unserem Fahrzeugdesign Menschen emotional berühren und für sie bedeutungsvolle Erlebnisse gestalten.

Claus Potthoff

 

Claus Potthoff studierte Produkt- und Fahrzeugdesign an der Hochschule Pforzheim und widmete sich dann dem automobilen Exterieurdesign. Seit 1991 ist er bei Audi im Design in unterschiedlichen Funktionen und Stationen tätig. Schon Ende der 1990er-Jahre widmete sich Potthoff strategischem Design, 2011 wurde er Leiter der Designstrategie und baute eine Abteilung auf, die seit 2014 aktiv ist. Seine private Leidenschaft ist die Fotografie.

 
Potthoffs Hände.
Potthoff in Treppenaufgang.

Du sagtest zu Beginn, dass Designstrategie auch von gesellschaftlichen Einflüssen geprägt ist. Was sind dabei die wichtigsten Treiber? Von welchen Einflüssen lässt sich Audi inspirieren?
Da ist natürlich die Frage, welche technologischen Veränderungen, Möglichkeiten gibt es? Weil die Entwicklung in diesem Bereich sehr dynamisch ist. Und dann beschäftigt uns die Internationalisierung enorm, die großen Einflüsse aus den drei Märkten. Also Europa. Dann der nordamerikanische Markt, der natürlich von Markt- und Kundenbedürfnissen durchaus anders ist. Und nochmals eine Steigerung ist der chinesische Markt, der sich mit einer sehr großen Geschwindigkeit entwickelt, deutlich schneller als alle anderen Märkte.
Unser Anspruch ist natürlich, entsprechend in diese Märkte und diese Regionen einzutauchen, um herauszufinden, was ist neu, was ist für die Kund_innen in Zukunft wichtig. Gerade in China ist die Kund_innenstruktur eine ganz andere. Unsere Kundschaft dort ist deutlich jünger als in den anderen Märkten. Sehr viele Kund_innen von Premiumfahrzeugen sind Erstkäufer_innen. Das bedeutet, sie gehen ganz anders an das Thema Auto heran. Gerade deswegen sind wir bei der Entwicklung des Audi urbansphere concept, den wir vergangenes Jahr in China vorgestellt haben, einen neuen Weg gegangen, eine Co-Creation zusammen mit speziell ausgewählten chinesischen Trendreceivern und potenziellen Kund_innen. Wir haben sie von Beginn des Designprozesses an eingebunden: Was wollt ihr von so einem Fahrzeugkonzept? Das war eine sehr fruchtbare und sehr gute Zusammenarbeit.

Das bedeutet, progressive Einflüsse von Kund_innen wirken sich auch auf die Designstrategie aus?
Ja, man merkt, dass die schnelle Entwicklung des chinesischen Marktes Einfluss hat. Es wird sehr interessant, wie sich das die nächsten Jahre fortführt. Deswegen ist es für uns im Design momentan eine sehr spannende Zeit, wie wir unsere Gestaltung weiterentwickeln, dass wir wirklich auch diese neuen Erfordernisse gut erfüllen.
Auch beim Thema der Fahrzeugkonzepte verändert sich viel. Werden diese ganz klassischen Schubladen – das ist eine Limousine, ein Fließheck, ein Kombi oder ein SUV – noch Bestand haben? Es gibt, im Sinne der Karosserieform, immer mehr Hybridfahrzeuge. Da sind wir sehr am Puls der Zeit und haben gerade sehr viele Ideen.

Audi activesphere concept.

Crossover-Coupé für einen aktiven Lebensstil

Der Audi activesphere concept ist erstaunlich wandelbar: vom eleganten Oberklasse-Onroad-Coupé zum vielseitigen Offroad-SUV mit Activeback, dessen Ladefläche zum Beispiel Halterungen für den Transport von E-Mountainbikes bietet.