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Menschen im Mittelpunkt | Audi Deutschland
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„Digitales Design stellt den Menschen in den Mittelpunkt“

„Digitales Design stellt den Menschen in den Mittelpunkt“

Gael Buzyn, Senior Director des Audi Design Loft Malibu, entwarf den neuen Audi skysphere concept* in einem virtuellen Prozess. Was bedeutet diese Veränderung für Designer?

Text: Bernd Zerelles - Foto: Dominik Gigler, AUDI AG Lesezeit: 7 min

Gael Buzyn gestikuliert.

Gael, beim Entwurf des neuen Konzeptfahrzeugs verzichteten Sie auf Tonmodelle und setzten ausschließlich auf digitale Technologien.
Na ja, fast. Das war der Plan. Aber es ist immer gut, das Auto im Maßstab sehen zu können, bevor es in Produktion geht. Es ist wichtig, an einem Tonmodell zu prüfen, ob die Proportionen stimmen. Beim Audi skysphere concept* hatten wir zum Beispiel das Gefühl, dass er etwas zu flach aussah, als wir ihn mit der VR-Brille beurteilten. Wir beschlossen daher, die Daten schnell in Ingolstadt in Ton fräsen zu lassen, damit Marc Lichte sich das Fahrzeug ansehen konnte. Er gab uns sein Feedback, und wir fügten ein wenig Platz über dem Kopf der Insassen hinzu. Die Überprüfung der Proportionen ist der einzige Zweck des Tonmodells. Beim Verfeinern der Konturen arbeiten wir nicht mehr wie früher mit der Hand daran. Die gesamte Designentwicklung wurde digital durchgeführt.

Ist in der heutigen digitalisierten Welt ein virtueller Designprozess die logische Weiterentwicklung?
Es steht für mich außer Frage, dass dies der Weg der Zukunft ist. Wir sparen nicht nur erstaunlich viel Zeit und Geld, sondern profitieren auch davon, dass wir uns mit Marc Lichte um ein digitales Modell versammeln können, obwohl wir uns in einem Satellitenstudio in Malibu befinden, das Tausende von Kilometern vom Audi Hauptsitz entfernt ist. Das allein ist schon ein enormer Vorteil. Wir müssen nicht erst ein Modell in den USA anfertigen und es dann zur Auswertung nach Ingolstadt schicken. Der ganze Prozess kann unmittelbar digital ablaufen.
Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung ist, dass ununterbrochen am Fahrzeug gearbeitet wird. Wir erledigen tagsüber in Kalifornien unseren Teil und senden dann die Daten nach Europa. Während wir nachts schlafen, werden sie in Ingolstadt, wo es Tag ist, ausgewertet, präsentiert oder weiterentwickelt. Wenn wir aufwachen, liegen schon Antworten oder Feedback vor. Das ist der richtige Weg.

Bitte erklären Sie, wie der digitale Designprozess funktioniert.
Wir beginnen in der Regel mit dem Skizzieren auf die altmodische Art, aber das macht nur einen extrem kurzen Teil des Prozesses aus, nur ein paar Tage. Dann gehen wir direkt zu den neuen digitalen Werkzeugen über, die es uns ermöglichen, unsere Vision durch Skizzen in 3D auszudrücken. Nach ein paar weiteren Tagen Arbeit mit unseren talentierten 3D-Operatoren können wir unsere VR-Brillen aufsetzen und mit Marc über Volumen und Proportionen diskutieren. Es ist fantastisch zu sehen, wie sehr sich die jungen Designer beim Skizzieren in 3D zu Hause fühlen. Sie können sich ganz selbstverständlich damit ausdrücken.

Gael Buzyn im Profil.
Ein Zeigefinger streicht über ein Detail eines Fahrzeugs.

Wir haben die Freude an der Gestaltung eines Designs nicht verloren.

Gael Buzyn

Was sind die größten Unterschiede zwischen dem digitalen und dem traditionellen Designprozess?
Ich würde untertreiben, wenn ich sagen würde, es gäbe keinen Unterschied. Das Modellieren mit der Hand ist eine Tätigkeit für echte Künstler. Wir sehen die Tonmodellierer immer als Bildhauer. Man fühlt sich ein bisschen wie ein Künstler, der mit ihnen an einem Tonmodell arbeitet. Aber dies ist ein neues Zeitalter, in dem Kunst auch digital sein kann. Da unsere digitalen Fähigkeiten immer ausgereifter werden, fühlt sich das Entwerfen mit CAD wieder wie ein künstlerischer Prozess an.
Zuerst dachte ich, wir würden etwas verlieren, wenn wir digital designen. Aber ich stellte fest, dass sich der Kreis schließt. Das künstlerische Element ist immer noch da, was sehr beruhigend ist. Uns klebt zwar kein Lehm mehr unter den Fingernägeln, aber wir haben die Freude an der Gestaltung eines Designs nicht verloren.

Audi Design legt immer großen Wert auf Proportionen. Wie ist es für Sie als Designer, Proportionen ausschließlich virtuell zu beurteilen?
Das war definitiv eine Lernkurve und offen gesagt anfangs eine kleine Herausforderung. Die VR-Brillen verfügten nur über niedrige Auflösungen, und in der ungewohnten virtuellen Welt fiel uns das Abwägen der Proportionen nicht leicht. Aber die digitalen Werkzeuge wurden besser und besser, und auch wir gewöhnten uns daran, sie einzusetzen. Ja, die größte Hürde bei der Umstellung auf die digitale Technik war wahrscheinlich, dass wir lernen mussten, wie man dieses neue Werkzeug benutzt.

Ist es für einen Designer wichtig, seinen Entwurf mit der Hand zu berühren?
Klar, schließlich handelt es sich um ein physisches Objekt in der realen Welt. Nichts ersetzt, einen Entwurf in natura zu sehen. Das gilt besonders für Serienprojekte, bei denen sich Designer und Ingenieure um wenige Millimeter streiten. Ich bezweifle, dass wir in der Lage sein werden, auf diesen letzten Schritt des Designentwicklungsprozesses zu verzichten. Für uns ist es immer noch ein magischer Moment: Wenn man endlich in der Realität sieht, was man geschaffen hat.

Gael Buzyn steht hinter einer Person, die mit VR-Brille in einem Fahrzeugsitz sitzt.

Virtuelles Design kann simulieren, welche Art von Erlebnis das Fahrzeug bieten wird.

Gael Buzyn

Vor welchen Herausforderungen standen Sie bei der virtuellen Gestaltung dieses Konzeptfahrzeugs?
Insgesamt war es ziemlich reibungslos, mit nur kleinen Problemen. Wir wollten zum Beispiel, dass eine Kante an der hinteren Stoßstange des Audi skysphere¹ gut sichtbar ist. In der virtuellen Realität erschien sie sehr ausgeprägt, aber in Realität dann zu wenig wahrnehmbar. Das kann passieren, es ist keine große Sache. Jedes Mal, wenn wir einen neuen Datensatz erstellen, können wir aus diesen kleinen Fehlern lernen und unseren Prozess anpassen.

Ist die ausschließlich digitale Gestaltung nur für Konzeptfahrzeuge oder auch für Serienfahrzeuge geeignet?
Der digitale Prozess funktioniert für beides. Bei Serienautos verbringen wir mehr Zeit mit Tonmodellen, da ihre Entwicklung komplexe Machbarkeits- und Massenproduktionsparameter beinhaltet, die sich unweigerlich auf die Designflächen auswirken. Dieser Teil des Prozesses lässt sich besser an einem Modell beurteilen, da die Änderungen subtil und zahlreich sind. Aber der digitale Prozess ist so ziemlich der gleiche, und die Vorteile sind auch identisch: Wir gewinnen Zeit und sparen Geld.

Ich erinnere mich, dass wir in meiner früheren Zeit als Designer buchstäblich monatelang Skizzen anfertigten, bevor wir die Chance bekamen, an einem maßstabsgetreuen Modell zu arbeiten. Heute ist das ganz anders: Man muss nur ein paar Wochen lang Skizzen anfertigen, bevor eine Auswahl getroffen wird, welche Designthemen im CAD entwickelt und anschließend in VR 3D verglichen werden. Das ist die Stärke des digitalen Prozesses.

Was sind die Vor- bzw. Nachteile des virtuellen Prozesses im Hinblick auf human-centric design?
Ein digitaler Designprozess stellt tatsächlich den Menschen in den Mittelpunkt, weil man in der virtuellen Welt in einem sehr frühen Stadium simulieren kann, welche Art von Erlebnis ihm das Fahrzeug bieten wird. Das geschieht, indem man das Auto zum Beispiel in seinen natürlichen Lebensraum stellt, Materialien auf die Außen- und Innenflächen aufträgt und die digitale Schnittstelle auf die Bildschirme projiziert. So erleben wir Designer es in diesem Stadium schon exakt so wie der Kunde.

Als ich ein junger Designer bei Volkswagen war, haben wir Innenraummodelle in Originalgröße mit echten Materialien ausgekleidet. Sogar das Holz wurde von einem Künstler bemalt, der früher Kirchen in Italien restaurierte. Das war damals ein immens großer Arbeitsaufwand. Heutzutage können die Designer ihre digitalen Entwürfe in allen Materialien, jeglichen Details, Umgebungen und Beleuchtungen präsentieren, die realistische Reflexionen usw. erzeugen. Es ist unglaublich, was sie in kurzer Zeit erreichen können. Dieser Prozess war besonders nützlich bei der Entwicklung des Audi skysphere*, bei dem es darum geht, zwei verschiedene Erlebnisse in einem Auto zu visualisieren. Das digitale Arbeiten hat uns in diesem Fall sehr geholfen.

Gael Buzyn gestikuliert.
Porträt von Gael Buzyn.

Ist die Entwicklung eines Konzeptfahrzeugs auch eine Gelegenheit, neue digitale Verfahren für die Produktion zu erproben?
Ja, ganz klar, was wir dabei lernen, fließt in die Entwicklung von Serienfahrzeugen ein. Da die Zeitfenster bei Concept-Car-Projekten so eng sind, müssen wir neue Arbeitsmethoden finden, um in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, schneller und effizienter zu arbeiten.
Der Audi skysphere* wurde in drei Monaten entworfen und in zwei Monaten gebaut. Ich hätte nie gedacht, dass wir es schaffen, so ein Timing zu ermöglichen. Die Digitalisierung macht es möglich. Sie hilft uns, schneller zu entwerfen, und den Ingenieuren hilft sie, unsere Visionen in kürzerer Zeit zu verwirklichen.
Und in der Regel lernt man durch diesen Prozess eine Menge. Es gibt viele Überraschungen und Aufregung. Es ist ein bisschen so, als wäre man ein Modedesigner, der eine Show für eine Modewoche vorbereitet. Seine Kreationen sind Einzelstücke, die kaum getragen werden. Aber bei diesen Shows wird so viel gezeigt: Technik, Stil, Trends, Zukunftsvisionen für die Marke. Für uns bei Audi ist es das Gleiche. Mit dem Audi skysphere concept* haben wir etwas Magisches, Schönes und Elegantes geschaffen: eine Skulptur in Bewegung, die zwei unterschiedliche Erlebnisse bietet. Der digitale Prozess war der Schlüssel, um etwas so Außergewöhnliches zu verwirklichen.

Audi Skysphere im Sonnenuntergang.

Das ist der Audi skysphere concept*.

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